17 August 2019

Handelsmesse von Bregarlund ein Erfolg

Anfang Augusti ging im Hinterland von Lubeca Nova die erste nach der großen Flut veranstaltete Handelsmesse zu Ende. 

Genauer gesagt geschah dies in der Gemarkung Bregarlund an der Wegscheide halb ab vom Borgasee und dem Trampelpfad, der auf Umwegen ins Königreich Stauchen führt. Dorthin hatte Ornas Gresund, der Witan von Bregarlund, zahllose Gäste geladen, um gemeinsam Möglichkeiten zu erörtern, für die Stadt Lubeca Nova die Rohstoffe dieser Region zu erschließen. Dem Rufe gefolgt waren Händler, Gelehrte und Baumeister, so dass an eben jener Wegscheide fast schon ein kleines Zeltdorf entstanden war, mit allerlei wunderlichen Gerätschaften und Kartentischen zwischen den Zelten und den fünf größeren Holzbuden und der großen Bühne, die extra für diese Messe zusammengezimmert wurden.

Große Länder und Zünfte waren hier vertreten, aber auch kleine Abordnungen und Gesellen aus verschiedensten Teilen des Lubecaner Landes, wie auch von weiter her. So waren zum Beispiel auch Vertreter des Åaleruner Bundes zugegen, die den Weg über das Dunkelmeer angetreten waren, um Zeuge dieser Messe zu werden und sich in der Pflege hanseatischer Beziehungen zu üben. Der Åaleruner Bund trat zu Jahresbeginn der Hanse von Lubeca bei.

Mit zu den geladenen Gästen zählte auch eine Abordnung einer lockeren Gemeinschaft, die entlang eines nahe gelegenen Waldes zu leben pflegt. Man könnte sie als eine Art Holzfällergilde beszeichnen, wenn man einen „städtischen“ Titel suchen würde. Witan Gresund hatte vorgeschlagen, dass eben jene Gemeinschaft durch das Schlagen von Holz und das Köhlern einen wichtigen Beitrag für das Wachstum der Stadt Lubeca Nova leisten könnte und machte ein entsprechendes Angebot.

Die Verhandlungen erwiesen sich allerdings als zäh, da die Axtleute der Stadt wenig abgewinnen konnten und nicht so recht interessiert schienen, für ein größeres Ganzes werken zu wollen. Dank der geschickten Vermittlung einiger anwesender Kaufleute und Gelehrte konnten sie am Ende jedoch überzeugt werden, es immerhin auf ein Jahr und einen Tag hin zu versuchen. Im Gegenzug sicherte Witan Gresund dem Fürsprecher zu, der Gemeinschaft hinsichtlich Ackerbau und Bewässerung entsprechendes Wissen und nötige Werkzeuge zukommen zu lassen. Man wurde sich einig. Am Ende wurde der Ausgang dieser Verhandlungen gebührlich gefeiert.

Der übrige Teil der Handelsmesse bestand dann darin, dass sich die angereisten Gäste ein Bild von den Rohstoffen des Bregarlunder Landes machen konnten, insbesondere von den starken Hölzern und der ergiebigen Kohle, die durch die Köhlerei gewonnen wird. Auf der anderen Seite hatten auch einige Architekten und Baumeister ihre Pläne aus anderen Ländern mitgebracht und verwiesen voller Stolz auf den Fortschritt, der mit dem Bau Einzug ins Land halten würde. Ornas Gresund war allem Vernehmen nach sehr zufrieden mit dem Verlauf der Messe.

Die meisten Augen und nicht wenig Staunen lagen aber sicherlich auf einer gar merkwürdigen Konstruktion, die für die Handelsmesse eigens von einer Gruppe, die sich die Ma'shyn nennen, über mehrere Tage errichtet wurde. Augenzeugen berichten von einem kreisrunden Gestell, in dem eine ebenso runde Röhre aus Metall gelegt ward, ähnlich einer Regenröhre. In der Mitte sah man einen großen Kessel, der durch allerlei Pfeifen und Dampfen auf sich aufmerksam machte. Dem sichtlich neugierigen Witan Gresund wurde dann auch unumwunden mitgeteilt, die Apparatur könne bei präziser Ausrichtung entweder die Borke und Rinde von den gesägten Stämmen waschen oder gar verschiedene Erze aus Gestein lösen, und zwar ohne stinkende Lauge. Die Begründungen dafür müssen wohl die meisten Gelehrten in Erstaunen versetzt haben, denn an dieser Apparatur entzündeten sich so manche Zankereien bei mehr als einem Humpen Bockbier. Nicht zuletzt die zwei Gesandten der Gilde der Arkanen Künste hatten stets zweifelnde bis abfällige Blicke für die Konstruktion übrig und beäugten sie angeblich immer nur aus gehöriger Distanz. Vielleicht zu recht.

Das tatsächliche Ausprobieren dieser Apparatur musste den Ma'shyn allerdings untersagt werden, da sich nach Meinung der Messekomission noch zu viele andere Bauten und Gerätschaften von den angereisten Gästen auf dem Gelände befanden. Immerhin stand dort zuviel, was hätte beschädigt werden können. Nach der Messe jedoch, so hört man, wolle man sich eingehender mit diesem „Ding“ beschäftigen. Auch hier munkelte man, wäre die Gilde der Arkanen Künste nicht ganz unbeteiligt an diesem Entschluss gewesen.

Zu guter Letzt fand mit einer gemeinsamen Messe durch Bewahrer Helgan Ohse vom Ersten Muscheltempel am Sonntagmittag die Handelsmesse ihren Abschluss, und die Angereisten wurden mit dem Segen der Meeresmutter Urastë in ihre Länder verabschiedet.

Die Messe war letztlich so erfolgreich, dass Gresund an eben jener Wegscheide die Gründung eines neuen Weilers verkündete und den Aufbau in die Hände eben jener Axtmänner legte, die seit jeher am nahen Wald lebten. Zum Anlass passend nahm Bewahrer Ohse einen im Gehölz verfallenen Schrein aus alten Tagen für die Meeresmutter in Besitz, weihte so diesen Ort und bat die Göttin Urastë um ihren Segen für die Gründung der neuen Siedlung. Die Axtmänner waren bei dieser Segnung schon nicht mehr anwesend. Einige sagen, sie hätten rasch in ihre Hütten zurückkehren wollen. Andere lästerten hinter vorgehaltener Hand, dass zwei Tage Zivilisation und Fortschritt vielleicht doch zu viel für ein so einfaches Volk gewesen sein mögen.

Wie dem auch sei: Mit der Gründung eines Weilers in einem an Rohstoffen reichen Teil der Gemarkung war die Handelsmesse ein voller Erfolg und Ornas Gresund hat seinen ersten größeren Erfolg, den er im Stadtrat Lubeca Novas verkünden kann.



07 Dezember 2018

Åaleruner Bund tritt der Hanse von Lubeka bei

Nach intensiven Verhandlungen wird verkündet, dass die Hanse von Lubeka mit dem Beginn des neuen Jahres ein weiteres Mitglied zu verzeichnen hat.

Über den Stadtrat von Lubeca Nova machen derzeitig erfreuliche Neuigkeiten die Runde. Erst unlängst hatten Händler von den östlichen Gestaden des Dunkelmeeres die Feierlichkeiten des lubecanischen Gedenktages anlässlich der großen Flut besucht. Während man sich eigentlich immer über den Besuch von Fernhändlern freut in der Stadt, hatte deren Besuch zuletzt auch die Frage ausgelöst, ob mehr dahinter stecke würde, als eben nur zeremonielle Nächstenliebe. Nun haben sich schlussendlich allerlei Gerüchte bestätigt: Nach intensiven Verhandlungen, die allesamt in Lubeca Nova stattfanden, hat sich der erst jüngst gegründete Åaleruner Bund entschlossen, mit dem ersten Tage des neuen Jahres 1219 der Hanse von Lubeka beizutreten.

Dass Lubeca Nova die Ehre zukam, Ort der Verhandlungen zu sein, die übrigens allesamt im Geheimen stattgefunden haben müssen, darf als großer Vertrauensbeweis des Obmanns der Hanse von Lubeka, Aelder Harder von Reedingbuc, angesehen werden. Immerhin war er selbst auch bis zuletzt vor Ort, um die Aufnahme des Åaleruner Bundes persönlich einzuleiten.

Dem Unkundigen sei an dieser Stelle gesagt, dass Åalerun ein Landstrich an den östlich der Stadt Lubeca Nova gelegenen Ufern des Dunkelmeeres ist, also fernab auf dem als “Stiefel” bekannten großen Landzipfels der Mittellande, wo es in Richtung des Königreiches Aturien geht. Bis vor Kurzem war dies ein weitestgehend unerschlossenes Land, in dem es mehrere lose und verstreute Siedlungen gibt. Es gäbe einen Küstenort, nicht mehr als ein Fischerdorf sowie eine Straße, die landeinwärts gen Aturien führt, so hört man. Dennoch, auf das Wirken eines merkantilen Rates hin haben sich eben jene losen Siedlungen zum Åaleruner Bund zusammengeschlossen. Dessen Ziel sei es, dem Lande mehr Stabilität und auch Zugang zu den am Dunkelmeer entstehenden Märkten und Routen zu geben.

Dass das Land und vor allem die Küste dort als sehr reichhaltig gelten, war für die Hanse sicherlich ein wichtiger Grund, der Aufnahme so rasch zuzustimmen. Åaleruner Dorsch und Hering sind bereits hinlänglich bekannte kulinarische Köstlichkeiten entlang der Küsten des Dunkelmeeres.

Man munkelt allerdings hinter vorgehaltener Hand, dass dieser Bund auch einen handfesteren Zweck hat. Im Åaleruner Land scheint sich ein Baron Zug um Zug eben jene Länder und Siedlungen einverleiben zu wollen, um sie dann unter seinem “Schutz” zu einen. Besonderes Augenmerk scheint er dabei schon jetzt auf die kleineren Orte an der Küste gelegt zu haben. Die Wahl seiner Mittel, so sagt man, sei dabei recht skrupellos, so dass sich die Siedlungen dort gezwungen sahen, sich im Bund Schutz und Wehr zuzusprechen. Inwieweit dies nun als neues Mitglied der Hanse von Lubeka noch von Relevanz werden wird, darf wohl abzuwarten sein. 




28 November 2018

Ein Tag des Gedenkens

Am ersten Jahrestag der großen Novemberflut begingen die Bürger Lubeca Novas einen Tag des Gedenkens und der Besinnung.

Ist es wirklich schon ein Jahr her? Schien es nicht erst letztens, als die große Flutwelle den Dhonov hinab raste und große Teile der Stadt mit sich ins Meer riss? In der Tat, misst man die Anzahl an Tagen seit der schweren Flut, scheint es noch nicht lange her.

Tatsächlich war es aber vor mehr als einem Jahr, am sechsten Novembri 1217, als sich die Wassermassen den Dhonov entlang wälzten und unzählige Bewohner der Stadt mit in den nassen Tod rissen. Jetzt, zwölf Monate nach der Katastrophe, konnte der Stadtrat dem Wort “unzählig” eine traurige Zahl geben: mehr als achttausend Seelen haben in jener Nacht das Leben gelassen oder sind später an den Folgen dieses schweren Unglücks gestorben.

Seitdem hat der neu gewählte Stadtrat und eine Heerschar an Freunden und Helfern nichts unversucht gelassen, um das Leid in der Stadt zu lindern.Geht man heute durch die Gassen und über die Plätze der Stadt, will einem scheinen, das ganze Unheil sei erst kürzlich über die Stadt herein gebrochen. Der alte Hafen auf der Isinghal, der Flussinsel, liegt noch immer unter Wasser, ebenso das Hafenviertel, das ehemals “verrchte Herz” der Stadt. In den handwerksvierteln werden etliche der sogenannten Gruben, den ehemaligen Zunfthöfen, immer noch von Unrat und Abfall freigeräumt. Stadtwache und auch angeheuerte Bewaffnete patrouillieren immer noch die Höfe rund ums Burgenviertel und die Tempelanlagen, und überall sieht man Baumeister und Vorarbeiter mit Messleisten, Karten und Zirkel die neu anzulegenden Gassen ausmessen.

Um diesem tragischen Ereignis, vor allem aber auch den daraus erwachsenen Hilfeleistungen und Freundschaftsbekundungen Rechnung zu tragen, hat der Stadtrat einstimmig beschlossen, den sechsten Novembri künftig als “Tag des Gedenkens” zu begehen. An diesem Tage, so lautet das Edikt, soll die Arbeit ruhen, die Armen verköstigt und der Blick nach innen gerichtet werden. Nach innen heißt, die Menschen sollen innehalten und sich wieder gewahr werden, dass das Meer und das Wasser die bestimmenden und manchmal schicksalhaften Größen an der Küste darstellen. Die Menschen am Dhonov sollen sich wieder auf die Mutter Urastë besinnen, die nicht nur die Mutter des Meeres ist, sondern auch die Bewahrerin dessen, was die Alten der Stadt immer noch das “untere Wasser” nennen, die tiefen, unergründlichen Quellen aller Seen und Flüsse.

Und so kam es, dass am sechsten Novembri, am ersten Tag des Gedenkens, die Stadt ihrer Opfer gedachte. In einer großen Prozession schritten die Bewahrer des Muscheltempels vom Tempelviertel über das Burgenviertel und dann hinunter zum Meer, und viele, viele Bürger und Angereiste folgten ihnen. Dort hinter der muschelbewachsenen Seemauer, entlang der Dünen, war es, wo der Erste Bewaher Torstan Akamarinen den heiligen Muschelkelch Urastës mit frischem Seewasser füllte und vor den Augen der Versammelten in einen grün sprudelnden Gischtbrunnen verwandelte; eben jenen legendären Kelch, den der Erneuerer und Begründer Kirek sil’Silanesh als Zeichen des Bundes vor hunderten von Jahren von der Meeresgöttin selbst erhalten hatte. Im Anschluss an die Prozession und Messe nahm der Bewahrer dann etliche Männer und Frauen in den Kult der Meeresgöttin auf, bevor schließlich die Armen der Stadt in den Zelten am Strand verköstigt und mit milden Gaben bedacht wurden.

Dem Gedenktag Lubeca Novas wohnten auch zahlreiche Gäste aus dem Ausland bei. Vertreter der Königreiche Stauchens und Burgunds sowie des Fürstentums Durée-Caresse und der Gemarkung Fälisch Luchsenstein wurden unter den Anwesenden gesehen. Interessanterweise waren auch einige Vertreter des Åaleruner Bundes zugegen. Zuletzt hörte man in Ratskreisen, in dieser jungen Region der östlichen Küste des Dunkelmeeres hätte sich ein Bund aus Händlern zusammengeschlossen und würde sich für einen Beitritt zur Hanse interessieren. Vielleicht wird man deshalb künftig öfter Leute aus diesem Landstrich in der Stadt treffen. In jedem Falle, so hört man, haben sich die Åaleruner kräftig an der Armenspeisung beteiligt und auch großzügig dem Muscheltempel gespendet.




10 September 2018

Erster Hansetag geht zu Ende

Am neunten Septembri 1218 ging im burgundischen Blankenberg der erste offizielle Hansetag der vor drei Jahren gegründeten Mittelländischen Hanse zu Ende. 

Der Anlass hätte würdiger nicht sein können. Zahlreiche Vertreter der Gründungsmitglieder der Hanse hatten sich neben anderen Gästen der Stände und der merkantilen Gilden zusammengefunden, um das im Jahe 1215 gelegte Fundament eines gemeinsamen Handelsbundes erneut zu bekräftigen und um wichtige Verordnungen und Beschlüsse zu erweitern. Geladen hatte das Königreich Burgund bereits im letzten Jahr anlässlich eines Empfangs im Königreich Stauchen, und nun war es soweit.

Zugegen waren nun unter anderem Vertreter des Königreichs Burgund, des Fürstentums Durée Caresse, des Fürstentums Zarorien, der Hanse von Lubeka, des Fürstentums Aranien, des Fürstentums Trigardon sowie des Herzogtums Sachsen. Hinzu kamen verschiedene Gäste, die für ihre Gilden, Zünfte und Städte ein Beiwohn- und Hörrecht erhalten hatten, um sich ein Bild von den Absichten der Hanse zu machen. Man muss allerdings auch erwähnen, dass viele andere Vertreter übriger Mitgliedsländer und Organisationen diesem Hansetag trotz mehrfacher Einladung ferngeblieben waren, vermutlich, weil sie durch Krieg oder andere unbillige Ereignisse ihre Aufmerksamkeit anderen Dingen schenken mussten. Zumindest hoffte man, dass dies so sei.

Der Senat der Hanse konstituierte sich nun zum ersten Male und gab sich, so hört man, im Sinne der Gründungsurkunde von Fryeburg seine erste Geschäfts- und Hanseordnung. Diese beinhaltet nun künftig Artikel wie die Aufnahme neuer Mitglieder in die Hanse, die Ausgestaltung der Arbeit der sogenannten Muntskammer, des wichtigsten künftigen Beschlussgremiums, der Ausführung eines Anhör- und Schlichtungsverfahrens, des Ausschlusses bestehender Mitgliedsländer sowie der Ausrichtung künftiger Hansetage und Arbeitstreffen.

Im Anschluss an die Verabschiedung dieser Hanseordnung wählte der Senat dann die obersten Verwaltungsämter der Mittelländischen Hanse, den Obmann und seine zwei Witten. Die Wahl des Obmanns fiel dabei auf Baron Ziridor von Thaluba de Firente, der auch schon für den lubekanischen Städtebund das Senatorenamt bekleidet. Die Wahl der beiden Witten fiel sodann auf Herzog Christian von Blankenberg aus dem Königreich Burgund und Reichsgraf Sieghard von Zaro aus dem Fürstentum Zarorien, beide ebenfalls schon lange im Amte des Senators. Die Ämter wurden jeweils auf zwei Jahre gewählt, und dann hieß es an die Arbeit.

Der Senat hatte nämlich auch bereits vor, mehrere Beschlüsse zu fassen, unter anderem betreffend der Sicherheit auf Hansestraßen und darüber hinaus, betreffend eines gemeinsamen Hansewappens, ebenso ein gemeinsames Kartenwerks, einer gemeinsamen Währungsverrechnung und einer abgestimmten Gewichts- und Maßeordnung und schlussendlich auch bezüglich der Festschreibung von Regularien für neue Mitglieder. Mit Abschluss dieses Bündels sah man sich auf gutem Weg, so heißt es, und die Senatoren nahmen alsdann auch an den gebotenen Festivitäten des Hansetages teil.

Neben all den Konsultationen und Vertragsabschlüssen gab es nämlich auch viel Kurzweil und Gaumengenuss höchster Güte. Auf der einen Seite lockten immer wieder Tanz und gesellige Spiele, wie etwa das berüchtigte "Karavellen versenken", während auf der anderen Seite zu Krustenbraten, Knödeln, gesüßten Milchbrötchen und Apfelschmaus geladen wurde. Ein wahrliches Wunder, dass die Senatoren da tatsächlich zu ihren Besprechungen gekommen waren.


25 Juni 2018

Lubeca Nova feiert das Seefallfest

Am 20 Juno war es soweit: Die ganze Stadt feierte auf Wunsch des Ersten Muscheltempels das Seefallfest, den Hochfeiertag der Meeresmutter Urastë. 

Es sollte ein weiteres Zeichen sein, dass die Stadt nach Normalität und einem geordneten Leben strebt, etwas mehr als ein halbes Jahr nach der Novemberflut. Der Muscheltempel ist eines der ältesten Bauwerke auf dem Stadtgrund überhaupt und hatte während der verheerenden Flut so gut wie keine Schäden erlitten. Und seit der Zeit des Wiederaufbaus hatten sich die Priester der Meeresmutter immer wieder den Leidenden und denen ohne Obdach angenommen. Dabei war der Glaube an Urastë lange Zeit in den Hintergrund getreten, denn der rasante Aufbau der Stadt im vergangenen Jahrzehnt hatte auch zahlreiche andere Kulte über die Stadt gebracht. Und der Urastëkult schon immer eine der ursprünglichsten und ältesten Religionen an der Küste. Viele alteingesessene Fischer und deren Familien sagen auch heute noch, die Mutter sei einst über das Meer gekommen und habe der Küste die Schätze der See gebracht. Und so mancher Fernfahrer zündet Kerzen im Tempel an, wenn die Mutter der Stürme wohl gesonnen war und die Schiffe sicher wieder im Hafen ankern.

An Seefall nun bereiten die Menschen auf Geheiss des Tempels ihre Wünsche und Gebete für Urastë vor und da die Göttin auf See weilt, haben die Priester alter Tage einen Ritus erdacht, wie diese Wünsche ihr Ziel erreichen können: Die Menschen schreiben sie auf ein Stück Papier oder nehmen einige Dinge, die ihren Wünschen Symbolkraft verleihen. Diese wiederum backen sie dann in einen muschelförmigen Teig. Sie nehmen diese Teigmuscheln dann mit hinunter an die Ufer des Dhonov, die am Feiertag mit blauen und grünen Girlanden geschmückt sind. Die Priester der Meeresmutter sprechen dann ihren Segen über die Teigmuscheln und heissen die Menschen, sie in den Dhonov zu setzen. Der Brauch schreibt vor, dass dies in Gruppen getan wird, und so versammeln sich dann oft große Menschentrauben singend am Ufer, während sie die gebackenen Muscheln auf das Wasser setzen, auf dass sie mit der Strömung gen Mündung und Meer schwimmen. Der Teig löst sich dann bald im Meer auf und gibt die Wünsche der Menschen an die Meeresmutter Preis. Damit gedenken die Menschen auch dem Meer, aus dem Urastë ihnen in alten Tagen erschienen ist und die sie lehrte, die Schätze des Meeres weise zu nutzen.

Und danach wird im Kreise von Familie und Freunden zünftig in den Kellern und Schänken der Stadt gefeiert. Das Feiergetränk an diesem Tag ist ein leichtes, mit Algen angereichtes, salziges  Bier. Wer den Brauch also nicht unbedingt kennt, sollte vorsichtig sein, was er an Seefall bestellt. 


Gleichwohl wurde auf gemeinsame Veranlassung des Stadtrats und des Ersten Muscheltempels eine Speisung der Armen abgehalten, denn gerade die Ärmsten der Armen hatten während der Flut an der größten Misere zu leiden. Dazu konnten die Bürger wiederum kleine Kerzenboote aus Seife kaufen, die sie dann ebenso den Fluss hinunter schicken konnten, und der Erlös ging in Gänze den Armen zu. Es heißt, der Dhonov hätte sich in der Abenddämmerung in ein Lichtermeer verwandelt.

Tags darauf, am Morgen, hielt dann Torstan Akamarinen, der Erste Bewahrer des Tempels, eine Messe am Weststrand des Dhonov ab und nahm zahlreichen neuen Pilgern das Gelübde auf die Meeresmutter ab. Prominentester Pilger dieser Zeremonie dürfte der Zweite Stadtrat Anselm van Aardt gewesen sein, der feierlich dem keridischen Glauben entsagte und die Gischtkrone Urastës annahm.